Bestattungskultur in Ägypten – Religion, Ritual und die ewige Ruhe (Teil 2)

Der Umgang mit Trauer unterscheidet sich in vielen Ländern. Vor allem in Ägypten gibt es strenge Rituale, die vor und nach der Bestattung abgehalten werden. Ein entscheidender Unterschied im Vergleich zu anderen Kulturen: Feuerbestattungen sind im Islam nicht erlaubt, da der menschliche Körper aus Respekt für Gottes Schöpfung nicht zerstört werden darf.

Die letzte Ruhestätte

Seine letzte Ruhestätte findet Mohamed El-Bastawisys bester Freund auf einem Familienfriedhof in Kairo. Diese werden als kleine Höfe, innerhalb größerer Friedhöfe angelegt. Die Toten werden hier in Richtung Mekka unter der Erde bestattet. Den toten Muslimen wird außerdem, in den meisten Fällen, ein Koran in die Nähe des Kopfes gelegt. Verschönert werden die Gräber mit Grabsteinen. Aufgrund des strengen Glaubens herrscht auf Friedhöfen eine strikte Geschlechtertrennung: Frauen links, Männer rechts. Egal ob verwandt oder verheiratet, denn eine Ehe ist nur für das Leben bestimmt und nicht für den Tod. „Inna li’Llahi wa inna ilaihi radschi’un“ ist über dem Eingang des Friedhofs zu lesen. Übersetzt heißt dies: „Wir gehören Allah, und zu ihm kehren wir zurück.“

Die Trauerzeremonie

Nach der Bestattung trifft sich die Trauergemeinschaft am Haus der Familie des Verstorbenen. Vor dem Haus wird zu diesem Zweck ein Zelt aufgebaut, in welchem die Männer Platz finden. Sie stellen sich zunächst aufgereiht an den Eingang des Zeltes. Jeder, der an ihnen vorbeiläuft, sagt: „Das ewige Leben ist nur für Gott. Wir hoffen, dass dies eure letzte Traurigkeit sein wird.“ Die trauernden Männer entgegnen: „Wir hoffen, dass wir nie wegen einer solchen Traurigkeit zu euch ins Haus gehen müssen.“ Wer einander vertraut ist, umarmt sich links und rechts herum, gefolgt von einem Schulterklopfen. Fremde reichen einander die Hand. Während diesem Ritual befinden sich die Frauen im Haus.

Im Zelt wird ein bitterer schwarzer Kaffee gereicht, ein sogenannter „Ahwa Sada“. Dabei werden jede halbe Stunde, über einen Lautsprecher, Koran-Suren von einem Vorleser zitiert, sodass seine Worte auch zu den Frauen im Haus dringen. Häufig verweilen die Gäste für jeweils einen Kaffee und eine Sure. „Ahwa Sada“ ist so eng mit der Beerdigungszeremonie verbunden, dass Menschen, die dieses Getränk in einem Café bestellen, gefragt werden: „Was ist los? Gibt es einen Trauerfall in der Familie?“

Der erste Donnerstag nach dem Todestag ist für das Lesen der ersten Sure des Korans „Alfatiha“ reserviert. 40 Tage lang nach der Bestattung ist es den Frauen der Familie nicht erlaubt, im Haus Musik zu hören oder fernzusehen. Ebenso ist es ihnen untersagt, bunte Kleidung, Make-up und Schmuck zu tragen. Zu dieser Zeit dürfen sie lediglich schwarz gekleidet sein.

In Gedenken an den Verstorbenen

Nach 40 Tagen kommt die ganze Familie zusammen, um an das Grab des Verstorbenen zu gehen. Dort werden Suren zitiert und Wasser über das Grab gegeben, um dieses vor der Hitze zu schützen. Vorher wurde gemeinsam gekocht und Kekse gebacken, um diese als Almosen an die Armen zu verteilen, die am Rande des Friedhofs stehen. Zum Dank sprechen die Armen Gebete für die Toten sowie Segenswünsche für die Lebenden. Die Traueranzeigen werden in weißer Schrift auf schwarzen Hintergrund gedruckt. Portraitbilder des Verstorbenen werden mit einem kleinen diagonalen Balken versehen.