Buddy-Programme: nett gemeint, schlecht gemacht und selten wirklich wirksam?
„Sei doch einfach Buddy!“ Dieser Satz fällt in vielen Unternehmen inzwischen ganz selbstverständlich, wenn es um die Integration neuer Mitarbeitender geht. Buddy-Programme sind modern, sympathisch und klingen nach einem echten Zeichen gelebter Willkommenskultur. Doch wer genauer hinschaut, merkt schnell: Oft sind sie mehr Imagepflege als ein wirksames Integrationsinstrument. Denn während Buddies das Ankommen erleichtern, Orientierung bieten und Brücken bauen sollen, bleiben sie in der Realität häufig ohne Vorbereitung, ohne Anerkennung und damit ohne Wirkung. So einfach ist das Thema also gar nicht.
Zwischen gut gemeint und schlecht gemacht
Die Idee hinter Buddy-Programmen ist zweifellos stark: Neue Mitarbeitende – besonders internationale – sollen von Beginn an jemanden an ihrer Seite haben, der sie durch die ersten Wochen begleitet. Ein Mensch, der Fragen beantwortet, Strukturen erklärt, soziale Kontakte herstellt und die Unternehmenskultur erfahrbar macht. Doch die Umsetzung scheitert häufig an einem simplen Punkt: fehlende Professionalität.
Viel zu oft läuft es so: „Willst du nicht mal Buddy sein?“ – „Ach, ich? Ja, warum eigentlich nicht.“ Dann folgen zwei, drei Treffen, vielleicht ein gemeinsames Mittagessen, und danach versandet alles. Der neue Mitarbeitende bleibt orientierungslos, der Buddy überfordert, und beide Seiten fühlen sich irgendwie unwohl. Der Grund: Buddies werden ohne klare Auswahlkriterien benannt („Der hat gerade Zeit“), sie erhalten keine Schulung, keine Hilfsmittel, keine klaren Erwartungen und schon gar keine Anerkennung für ihr Engagement.
Ein Buddy ist kein Pausenfüller
In einem wirksamen Buddy-Programm stecken viel Arbeit und Grips. Die Rolle ist keine Nebentätigkeit, die man „mal eben mitmacht“. Buddies können den entscheidenden Unterschied zwischen einem Onboarding, das Menschen aufblühen lässt, und einem, das sie innerlich kündigen lässt, machen.
Richtig eingesetzt, sind sie:
- vertraute Orientierungspersonen,
- Brückenbauer*innen zwischen Kulturen und Teams,
- Übersetzer*innen gelebter Werte und Regeln,
- Türöffner*innen in Netzwerke und Rollen,
- und emotionale Anker im neuen Umfeld.
Damit das gelingt, braucht es vor allem eines: Strukturen. Wirksame Programme setzen auf klare Standards und klare Vorbereitung. Sie definieren Auswahlkriterien, wie etwa Offenheit, Empathie, Verlässlichkeit und interkulturelle Kompetenz. Sie qualifizieren ihre Buddies gezielt mit Schulungen, Gesprächsleitfäden und Austauschformaten. Und sie schaffen Rahmenbedingungen, die Wertschätzung ausdrücken, etwa durch regelmäßige Feedbackrunden, Supervision im Buddy-Team oder sichtbare Anerkennung der Leistung. Ein starkes Buddy-Programm ist damit Teil einer ernst gemeinten Integrationsstrategie.
Mehr als Begrüßen: die Aufgaben eines Buddys
Wie ein professionell aufgestelltes Buddy-Programm in der Praxis aussehen kann, beschreibe ich ausführlich in meinem Buch „Professionelles Onboarding“ (Seite 111 ff.). Dort zeige ich, wie Buddies den entscheidenden Unterschied zwischen Orientierungslosigkeit und erfolgreicher Integration machen können – vorausgesetzt, ihre Rolle ist klar definiert und eingebettet in eine strategische Onboarding-Struktur eingebettet.
Ein professionell vorbereiteter Buddy übernimmt vielfältige Aufgaben, die weit über das erste Hallo hinausgehen:
- Orientierung und Einführung: Er heißt neue Mitarbeitende willkommen, führt sie durch das Unternehmen und sorgt dafür, dass Arbeitsmittel, Software und Zugänge bereitstehen.
- Teamvorstellung: Er vermittelt Rollen, Aufgaben und Verantwortlichkeiten, um Transparenz und Vertrauen zu schaffen.
- Prozesserklärung: Er erklärt Abläufe – von Kommunikationskanälen bis Projektmanagement – und hilft, sich sicher im Arbeitsalltag zu bewegen.
- Begleitung zu Meetings und Schulungen: Er vernetzt neue Kolleg*innen, klärt Fragen und stellt sicher, dass Wissen nachhaltig verankert wird.
- Feedbackfunktion: Er bietet sowohl dem Newbie als auch der Führungskraft Rückmeldungen, um Missverständnisse oder Konflikte frühzeitig aufzufangen.
- soziale Integration: Er lädt zu Pausen, Mittagessen und informellen Treffen ein und schafft damit Zugehörigkeit.
Diese Aufgaben mögen für viele selbstverständlich klingen, doch ohne Schulung und klare Erwartung sind sie kaum erfüllbar.
Buddy oder Mentor? Ein wichtiger Unterschied
Oft werden die Rollen verwechselt: Ein Buddy begleitet beim Ankommen, vermittelt Alltagswissen und kulturelle Orientierung. Ein Mentor hingegen unterstützt langfristig beim beruflichen Wachstum, bei Karrierefragen oder strategischer Positionierung im Unternehmen. Beide sind wertvoll, verfolgen jedoch unterschiedliche Ziele. Dieser Unterschied sollte unbedingt beachtet werden, um die Wirkung beider Instrumente zu erhöhen.
Buddies sind Teil der Integrationsstrategie und des Onboarding-Erfolgs. Wenn Unternehmen Buddies ernst nehmen, professionell auswählen, ausbilden und wertschätzen, entstehen Bindung, Zugehörigkeit und echte Integration. Denn am Ende entscheidet nicht das teure Willkommensvideo über den Erfolg des Onboardings, sondern der Mensch, der neuen Mitarbeitenden den Weg zeigt.
Du möchtest ein Buddy-Programm entwickeln, das wirklich wirkt? Dann lass uns darüber sprechen. Ich freue mich auf Diskussionen, Einblicke oder ehrliche Einwände.