Hallo Kulturschock – dich hätte ich hier nicht vermutet!

„Nichts funktioniert, ich fühle mich unwohl, das Wetter ist schlecht und alle um mich herum verstehen mich nicht … Warum bin ich nach Deutschland gezogen? Warum gelingt es nicht, deutsche Freunde zu finden?“ – Gedanken internationaler Mitarbeitender nach einem Monat, vielleicht auch erst nach drei oder sechs Monaten. Herzlich willkommen im Kulturschock!

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Den Anfang beherrschen viele Fragezeichen!

Wir erleben als Relocation-Dienstleister nahezu täglich, dass diejenigen, die sich aus dem Ausland heraus auf eine Stelle in Deutschland beworben haben, über einen längeren Zeitraum einem Wechselbad der Gefühle ausgesetzt sind. Kommt die Zusage? Wie geht es dann weiter? Was bedeutet das für die Familie? Wie umständlich werden formelle Angelegenheiten? Wo werde ich wohnen? Natürlich wird eine Jobzusage große Freude auslösen, gleichzeitig werden die anstehenden Fragen konkreter.

Dieses Auf und Ab der Gefühle ist (leider) für viele im Recruiting oder Personalbereich gar nicht sichtbar UND die wenigsten Ansprechpartner*innen der internationalen Mitarbeiter*innen haben es auf dem Schirm. Es wird eher davon ausgegangen, dass sich die neuen internationalen Mitarbeitenden selbst bestens über die anstehenden Themen informieren. Also, dass sie sich als Drittstaatler*in schon mit den Abläufen zur Beantragung des Visums vertraut gemacht, eine Idee zu den Mietpreisen haben, manchmal sogar, dass sie selbst für die ersten Wochen oder Monate ein möbliertes Apartment oder Hotelzimmer buchen. Dem ist in den wenigstens Fällen so.

Honeymoon – wenn Euphorie und Ungewissheit aufeinandertreffen.

Dennoch: Jeder Neustart – und das ist sicher ein Umzug ins Ausland verbunden mit einem neuen Job – löst eine gewisse Euphorie und große Freude aus! Alles ist neu, spannend und durchaus herausfordernd. Wir sind also mitten im Honeymoon – der Phase, die unterschiedlich lange anhalten wird. Der Prozess des Onboarding spielt in dieser Phase eine entscheidende Rolle:

  • Gibt es zum Beispiel einen Buddy oder eine Mentorin, so dass viele Fragen „auf dem kurzen Weg“ geklärt werden können?
  • Gibt es zusätzlich noch einen Relocation Consultant, der oder die tatkräftig bei der Wohnungssuche und den Behördenthemen unterstützt und zudem viele praktische Tipps zum Leben in der neuen Stadt oder Region geben kann?
  • Läuft die Sprachqualifizierung weiter, so dass die Sprachkompetenz stetig wächst und für Erfolgserlebnisse in der Kommunikation sorgt?
  • Sind die Vorgesetzten interkulturell fit, erkennen kulturell bedingte Missverständnisse im Team und machen das Thema Kultur immer wieder aktiv zum Thema?

Wenn diese Fragen überwiegend mit „Ja“ beantwortet werden, kommt nach den Wochen des Honeymoon meistens keine dramatische Frustphase.

Willkommen Kulturschock und Frust ☹.

Funktioniert aber in den ersten Monaten Weniges so richtig gut, kann diese Phase schon mal sehr ausgeprägt sein und bis zu einer Erschöpfung oder gar einer Depression führen. Was führt zu dem Frust? Das können „Kleinigkeiten“ sein, wie interkulturelle Missverständnisse im Team, wie eine zähe Wohnungssuche, wie die Erkenntnis, dass von dem Gehalt über 1/3 für die Miete weg ist und somit die Familie im Heimatland weniger unterstützt werden kann oder auch „nur“ Heimweh.

So langsam kehrt die Routine ein.

Nach dieser Phase kommt langsam die Anpassung. Vieles Fremde wird verständlicher, es gelingt, neue Freunde zu finden (meist eher im Kreis der ‚Internationals‘ vor Ort als deutsche Freunde), vieles in der neuen Aufgabe wird Routine und somit fühlt sich das gesamte Umfeld weniger fremd an. Irgendwann kommt doch die Akzeptanzphase. Wann diese eintritt, ist wieder ein sehr persönliches Erleben, das kann nach wenigen Monaten oder manchmal auch erst nach Jahren sein. Entscheidend in dieser Phase ist die Erkenntnis, dass ein 100 %iges Verständnis der anderen Kultur nicht notwendig ist, um sich gut zu integrieren.

Worauf im Unternehmen unbedingt geachtet werden sollte.

Wichtig ist, dass ein Kulturschock als solcher sowohl den Betroffenen als Phänomen bekannt ist – in jedem guten interkulturellen Training wird intensiv darüber gesprochen – und dem gesamten Umfeld im Unternehmen, also den Führungskräften und den Ansprechpartner*innen im Personalbereich bewusst wird. Nur dann können Betroffene ernst genommen und sinnvoll unterstützt werden. In einigen Fällen kann ein gezieltes Coaching äußerst hilfreich sein. Sprich: Schlechtere Leistungen, weniger Kommunikation, ein Zurückziehen können mit einem Kulturschock im direkten Zusammenhang stehen und sollten entsprechend hinterfragt werden.

Wie Sie das machen können, darüber sprechen Emily Slate und ich am 12. Juli 2022 um 16:00 Uhr in unserem Workshop zum Thema! Melden Sie sich doch gleich an!